Wie tickt die Kuh und was hat Rinderpsychologie mit Nachhaltigkeit zu tun?
Sanfte Augen, braune Locken, feuchte Nase – hübsch sind sie, die Kühe unserer Bauern. Und klug und emotional. Doch wie „ticken“ Rinder? Und macht es einen Unterschied, ob die Bäuerinnen und Bauern ihre Tiere gut behandeln, mit ihnen sprechen und sie streicheln oder nicht? Heute beleuchten wir die Psyche der Milchkühe unserer WOERLE Bauern und erklären, was dies mit Nachhaltigkeit zu tun hat.
Nachhaltigkeit ist ein langfristiges Denken und Handeln, das neben den Bereichen Umwelt, Wirtschaftlichkeit und Soziales auch das Tierwohl mit einbezieht. Die Gefühlswelt der Kuh ist daher nicht nur für Tierfreunde oder Psychologen interessant. Wir wissen mittlerweile, dass ein gutes Zusammenspiel von Mensch und Tier qualitativ hochwertige Milch und in Folge besten Heumilchkäse ergibt. Ein Grund mehr, weshalb den WOERLE Bäuerinnen und Bauern das Wohlergehen ihrer Kühe am Herzen liegt. Was kann aber der Mensch tun, damit sich eine Kuh wohlfühlt?
Eine Beziehung mit der Kuh
Rinder haben nicht nur eine Persönlichkeit, sie sind auch intelligent und verfügen über ein Langzeitgedächtnis. Sie verstehen Ursachen-Wirkungs-Zusammenhänge und können auf sozial komplexe Weise interagieren. Damit sich die Tiere wohlfühlen, ist es wichtig, eine Beziehung zu ihnen aufzubauen. Unsere Bäuerinnen und Bauern haben im Vergleich zu anderen Ländern kleine Betriebe. Die Tiere sind keine Nummern, sondern tragen einen Namen. Auf diese Weise können die Landwirt:innen einen persönlichen Umgang mit ihren Tieren pflegen. Außerdem hilft es, die biologischen Zusammenhänge und die Psyche der Kühe zu verstehen, um den Tieren das Leben zu erleichtern.
Linkes Auge – rechte Gehirnhälfte
Sehen wir uns zunächst die Augen der Rinder an. Diese sind über Kreuz mit der jeweils gegenüberliegenden Gehirnhälfte verbunden. Die rechte Gehirnhälfte hat die Aufgabe, eventuelle Gefahren einzuschätzen. Das bedeutet: Kühe mustern Unbekanntes oder überraschend auftauchende Lebewesen oder Gegenstände mit dem linken Auge. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Landwirt:innen ihre Rinder so an Ungewohntes heranführen sollten, dass sie es mit dem linken Auge einordnen können. Das verhindert unnötigen Stress.
Die Augen der Kühe sind generell ein interessantes Sinnesorgan. Sie sitzen seitlich am Kopf und ermöglich einen Rundumblick von 330 Grad (siehe Blogbeitrag). Nur wenn man direkt hinter dem Tier steht, sieht es einen nicht. Als Umkehrschluss sollte sich daher ein Mensch nicht von hinten nähern, denn dann erschrickt die Kuh. Außerdem ist die Sehschärfe von Rindern geringer als die menschliche. Schnelle Bewegungen an ihrer Seite sind daher zu vermeiden, weil sie darauf heftig reagieren. Und schließlich ist das Auge der Kuh mit einer reflektierenden Pigmentschicht ausgestattet. Dadurch sehen Kühe im Dunkeln besser als Menschen und reagieren empfindlicher auf Lichtreize. Auch diese Tatsache können sich die Bäuerinnen und Bauern zunutze machen, indem sie vermeiden, das Tier aus einem hellen Ort in einen dunklen zu treiben.
Tiefe Stimmen beruhigen
Nicht nur das Auge, auch das Gehör der Rinder ist unserem menschlichen überlegen. Besonders sehr hohe Töne können sie – ähnlich wie Fledermäuse – noch hören. Da hohe und schrille Töne naturgemäß jedoch auf Gefahren hinweisen, reagieren Kühe auf eine quietschende Stalltür oder laute metallische Geräusche mit dem Ausstoß von Stresshormonen. Tiefe Töne wiederum wirken beruhigend. Deshalb sollten wir Menschen mit einer tiefen beruhigenden Stimme auf sie einreden.
Vertrauen durch Körperkontakt aufbauen
Das Wohlbefinden der Tiere kann außerdem durch Körperkontakt verbessert werden. Schließlich sind Kühe Herdentiere. Das bedeutet: Nähert sich ein Fremder auf der Weide, kann eine Mutterkuh schnell mal ihre Hörner in Kampfposition bringen. Umgemünzt auf Milchkühe heißt das: Es ist wichtig, dass die Landwirt:innen ein Vertrauensverhältnis zu ihren Tieren aufbauen. In verschiedenen Tests zeigte sich, dass dies bereits unmittelbar nach der Geburt eines Kalbs passieren sollte. Streicheleinheiten im ersten Lebensmonat sowie nette Worte erhöhten signifikant die Bereitschaft der Tiere, sich einem Fremden zu nähern. Wenn man an Impfungen oder Klauenpflege denkt, ist dies eine wichtige Erkenntnis, die dem Tierwohl nützt und unnötige Unfälle vermeidet.